Entschuldigung

Es ist halb drei Uhr morgens. Eigentlich ist es nicht meine Art, mitten in der Nacht wach zu sein. Ich gehöre nicht zu den Schreiberlingen, die nachts arbeiten. Schon gar nicht, wenn ich am nächsten Tag für meinen Brotjob früh aufstehen und den ganzen Tag funktionieren muss. Nein, für mich ist die Nacht zum Schlafen da, je länger und je tiefer, desto besser.
Aber heute Nacht will mir das nicht so recht gelingen. Grund dafür ist ein Zeitungsartikel, der gestern aus Anlass meiner Buchvernissage erschienen ist (und der mir im Großen und Ganzen gut gefällt).
Ich durfte meine Zitate gegenlesen, nicht aber den ganzen Artikel. Und vor allem nicht den Titel. Und bei dem könnte ich weinen, lautet er doch: „Held trotz Beeinträchtigung.“
Vor allem das Wort „trotz“ finde ich in dieser Formulierung respektlos.
Niemand würde es heute (hoffentlich) mehr wagen zu sagen, eine Frau habe etwas Großartiges geleistet, obwohl sie eine Frau ist. Im Zusammenhang mit Behinderung scheint das vielen Menschen gar nicht als diskriminierend aufzufallen.
Ist es aber und das tut mir sehr leid. Ich möchte mich dafür entschuldigen. Das wollte ich nicht.
Ich verstehe Behinderung als Zusammenwirken von Schädigungen physischer und mentaler Strukturen und Funktionen, Aktivitätsbegrenzungen und Teilhabebeschränkungen in Verbindung mit Umweltfaktoren und personalen Faktoren.
Behinderung ist für mich in erster Linie ein gesellschaftliches Thema.
Aber der Artikel ist draußen und wird noch jahrzehntelang im Internet zu finden sein. Vielleicht kann ich endlich schlafen, wenn ich diese Entschuldigung auch ins Netz stelle.

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